Ich knall euch ab!

Rhue, Morton, 2002
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Medienart Buch
ISBN 978-3-473-58172-6
Verfasser Rhue, Morton Wikipedia
Systematik Soz - Soziale Arbeit
Schlagworte Soziale Arbeit, Gewalt
Verlag Ravensburger Buchverl.
Ort Ravensburg
Jahr 2002
Umfang 145 Seiten
Altersbeschränkung keine
Reihe Ravensburger Taschenbuch
Reihenvermerk 58172
Sprache deutsch
Verfasserangabe Morton Rhue. Mit einem Nachwort von Klaus Hurrelmann
Annotation Quelle: 1000 und 1 Buch (http://www.1001buch.at/);
Autor: Lioba Bauer;
Rezension: In einem Geflecht von nur langsam zuordenbaren Stimmen werden die Wege von zwei Jugendlichen nachgezeichnet, die am Abschlussball der Highschool MitschülerInnen als Geiseln nehmen und drohen sie zu erschießen und die Turnhalle in die Luft zu sprengen. Dass es schließlich "nur" zum Selbstmord des einen Attentäters und zu einigen Verletzten kommt, ist eher dem Zufall zu verdanken. Zusammengehalten wird der Text durch die (fiktive) Recherche der Stiefschwester des einen jugendlichen Amokläufers. Sie geht dabei bis in die Grundschulzeit und lässt die wenigen FreundInnen und andere MitschülerInnen, Eltern, und LehrerInnen zu Wort kommen. Eingestreut werden immer wieder die Abschiedsbriefe der beiden.
Wer sich aus diesem Puzzle ein durchgehendes, eindeutiges Bild erwartet, wird enttäuscht, denn der Autor hütet sich vor Schwarz-weiß Malerei und einfacher Linearität. Einzig die Schikanen durch die Mitglieder der Footballmannschaft werden intensiver thematisiert, wobei auch deutliche Kritik an den Praktiken der amerikanischen Highschools herauszuhören ist, sportliche Leistungen als Legitimation für die Möglichkeit des sozialen Aufstiegs für Unterschichtkinder über zu bewerten. Sonst zeigen die beiden Protagonisten in den bruchstückhaften Protokollen Biographien, die sich mit denen vieler - auch europäischer - Kinder und Jugendlicher heute decken: Scheidung der Eltern mit anschließender psychologischer Betreuung bei dem einen, Gary, Umzug und dadurch Außenseitertum beim anderen, Brendan. Dazu kommen massiver Fernsehkonsum mit Neigung zu Gewaltspielen und dementsprechenden Fantasien in den eingestreuten e-mails, der leichte Zugang zu Waffen und das Ausprobieren von Alkohol. Die fatale Wirkung der Schülermorde von Littleton, die zeigt, dass man als Täter eine enorme Öffentlichkeit erreicht und endlich aus seiner Nobody- und Außenseiterecke herauskommt, kann als Motivation für die Planung des Anschlags gedeutet werden. Doch im Gegensatz zu Littleton endet die fiktive Geiselnahme von "Middleton" für die Amokläufer fatal - der eine, Gary, begeht Selbstmord, der andere, Brendan, überlebt schwer verletzt und wird nicht mehr aus dem Koma erwachen. Der angestrebte "Ruhm" und die Medienpräsenz finden nicht statt. Der Autor arbeitet zwar mit präventiver Pädagogik, aber subtil. Denn das Fazit dieses Buches kann nur sein, dass auch durch pädagogisches Bemühen Aggressionen und Gewalthandlungen nicht gänzlich verhindert werden können.
Vor allem an LehrerInnen wenden sich das Vorwort des Autors zur deutschen Ausgabe und ein ausführliches Nachwort von Prof. Hurrelmann. Es ist also sehr viel präventives Bemühen rund um dieses Buch - vielleicht auch, um das schlechte Gefühl zu beruhigen, das der Titel hinterlässt, der jugendliche LeserInnnen anziehen dürfte. Und das Resümee der Jugendlichen? Viel guter Wille Außenseiter zu integrieren, endet in der Resignation: Was tun, wenn sie das gar nicht wollen?

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Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html);
Autor: Martina Lainer;
Aus zwei Außenseitern werden Amokläufer. (DR)

Der amerikanische Autor Morton Rhue ist mit seinem Jugendbuch "Die Welle" bekannt geworden, in dem ein Lehrer in einem Experiment seinen Schülern/innen zeigen möchte, wie der Nationalsozialismus in Deutschland entstanden ist und funktioniert hat. Nun meldet er sich abermals zu einem schockierenden Thema zu Wort: Der Amoklauf zweier bewaffneter Schüler in der Columbine High School in Littleton, bei dem zwölf Schüler und eine Lehrkraft getötet sowie 23 Menschen verletzt wurden und der mit dem Selbstmord der Amokläufer endete, bildet den Ausgangspunkt dieser Aufbereitung, die keine einheitliche Erzählperspektive einnimmt, sondern Mitschüler/innen, Eltern, Lehrer zu Wort kommen lässt. Den Anfang bildet der Abschiedsbrief Gary Searles, langsam verdichten sich die Bilder der Jungen sowohl aus der Fremdsicht als auch über die abgedruckten E-Mails, die sie sich gesandt haben. Das sind keine Monster, die die grausame Schießerei im Turnsaal ihrer Schule inszenierten, das sind zu tiefst verletzte junge Männer, die sich in ihrer Außenseiterposition in einer fatalen Idee verrennen. Temporeich verfolgen die Leser/innen den Alptraum aus rasch wechselnden Erzählfragmenten einzelner im Turnsaal Eingesperrter. Die Ausweglosigkeit spitzt sich zu bis zum Ende mit Schrecken.
Schießereien an Schulen sind in den USA keine Seltenheit. Klaus Hurrelmann geht in seinem Nachwort der Frage nach, ob so etwas auch an deutschen Schulen passieren kann. Er plädiert für eine offene Auseinandersetzung mit dem Thema Gewalt, da Schulen davon pädagogisch nur gewinnen können. - Diese in Form von Augenzeugen aufgerollte Rekonstruktion des Schreckens ist eine wichtige literarische Auseinandersetzung mit dem Thema Jugendliche und Gewalt. Öffentlichen und Schulbibliotheken sehr zu empfehlen.

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Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html);
Immer wieder dieselbe Frage: Wie konnte es so weit kommen? Indem er die Biographien von Brendan und Gary konstruiert und in Rückblenden den letztlich gescheiterten Amoklauf in der Schule der beiden aus verschiedenen Perspektiven beschreiben lässt, spiegelt Rhue eine Bandbreite von Faktoren, die für die Eskalation eine Rolle spielen - ohne damit quasi zwangsläufige Erklärungsmuster abzugeben. Denn Schuld und Verantwortung können nicht so einfach zugeordnet werden, Gewalt geschieht auch durch Worte und Ausgrenzung und nicht nur mittels Waffen. Und simple Rezepte dagegen gibt's schon gar nicht. Mit seiner fiktiven auf zahlreichen Studien und sorgfältigen Recherchen beruhenden Geschichte versucht Morton Rhue Antwortmöglichkeiten ohne Schwarzweißmalerei zur Diskussion zu stellen.
Ab 14 Jahren
Inge Cevela

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